Als ich auf Locationscouting-Tour bin, kommt die Sprache auf Vejer. Da mußt du unbedingt hin, sagt meine liebe Gastgeberin, das ist die schönste Stadt Spaniens! Und obwohl ich kein großer Fan von Städtetrips bin, fahre ich gleich am nächsten Tag los…
Vejer de la Frontera thront auf einer Anhöhe inmitten einer grünen Hügellandschaft. Mein Auto ächzt im zweiten Gang die steile Straße hoch, links und rechts ein Dschungel, der einzelne Blicke ins Tal freigibt. Das muß sich ja lohnen, höre ich es aus dem Motorraum. Und das tut es auch. Schon am Ortseingang heißt es Pause für mein treues Gefährt, denn diese Stadt darf man sich zu Fuß erschließen. Beim Anblick der ersten schmalen Gassen weiß man auch sofort, warum.
Vejer ist leicht und schwer zugleich:
Weiß gekalkte Häuserfluchten recken sich zum Himmel, dazwischen trocknet die Wäsche. Hier und da sieht man noch die nackten, uralten Steinmauern der Festung, an jeder Ecke Einflüsse der 700-jährigen maurischen Herrschaft. Massive, eisenbeschlagene Holztüren geben Blicke auf buntgeschmückte Patios frei, die Pflastermosaike sind ein Kunstwerk für sich. Diese Stadt will nicht nur gesehen werden, sondern auch gefühlt.
Und sie duftet. Nach hervorragender mediterraner Küche (Knoblauch!), nach lebendiger Geschichte, nach Blumen und nach einer Prise Meersalz.
Überhaupt: Das ganze Essen!
Wie man so viele Lokale auf so engem Raum unterbringen kann, ist mir ein Rätsel. Aber es funktioniert – das Sozialleben der Spanier findet auswärts statt und die Lokale sind gut gefüllt. Das Angebot reicht von Jamón über Tapas bis hin zu Marrokanisch. Schon allein die liebevolle Deko macht die Entscheidung schwer, wo man sich zuerst niederläßt.
Dann die kleinen Läden. Es gibt Keramik, lokale Köstlichkeiten, Bio-Mode und Boho-Kleidchen. Und natürlich Kunst…
Oooh, was für ein Eldorado für Kreative. Im hintersten Winkel des Stadtkerns stolpere ich in ein Maleratelier, wo gerade ein Aquarellworkshop stattfindet. Die Werke des Künstlers sind auf Wände und Tische verteilt. Sie erzählen von Dünen, in denen der Wind das Gras schaukelt. Eins davon lasse ich mir einpacken. Eine fröhliche Señora lobt mein Spanisch.
Die Leute lieben ihre Stadt und sind immer zu einem Pläuschchen aufgelegt. Und dabei so unheimlich echt. Daß ich mit dem andalusischen Dialekt noch so meine Schwierigkeiten habe, interessiert niemanden. Man redet einfach drauflos und irgendwie versteht man einander ja doch im Wesentlichen. Und genau das macht den Reiz dieser Art des Reisens aus:
Nicht nur sehen, sondern erleben.
Es ist Abend, die Sonne geht hinter den alten Windmühlen unter, in der Ferne glitzert der Ozean vor der diesigen Silhouette des Atlasgebirges…
Vejer, du hast es auf Anhieb geschafft, mich zu verzaubern. Ich überlege schon, mir hier mal für ein paar Wochen ein Atelier zu mieten.
Macht jemand mit? :-)
P.S.: Ach ja, Vejer kam natürlich sofort auf meine Liste der Andalusien-Highlights für die Fotoreisen. Falls du auch mal dabei sein willst, findest du die nächsten Fotoreisen hier. Bald geht es wieder los…