Schon seit ich das erste Mal darauf aufmerksam wurde, war ich fasziniert vom Kranzbach: Ein Hotel in einem Schlößchen, das einst von einer englischen Adeligen erbaut wurde, mitten in einem abgeschiedenen Hochtal mit Rundumblick auf Zugspitze, Wetterstein und Karwendel. Ein Ort, der den Luxus absoluter Ruhe verspricht, ohne je mit Prunk und Protz aufzuwarten.
Der Initiator des Kranzbach, Dr. Jakob Edinger, hat schon viele Tourismusunternehmen beraten und sich hier, so scheint es, einen ganz persönlichen Traum verwirklicht. Im September hatte ich das Vergnügen, ihm ein paar Fragen stellen zu dürfen.
An die Dimensionen der Anlage muß man sich erst einmal gewöhnen, aber zunächst schickt mich das Navi weiter nach Schloß Elmau und ich verspäte mich dadurch ein wenig. Doch der Streß ist schnell vergessen, denn mein Gastgeber strahlt trotz gut gefülltem Terminplan eine tiefe Ruhe und Gelassenheit aus, die sich sofort auf mich überträgt…
Herr Dr. Edinger, erzählen Sie doch mal, wie sind Sie auf diesen Ort aufmerksam geworden?
Eigentlich verdanke ich das einem Besuch im Schloß Elmau. Als Flaggschiff unter den deutschen Hotels war das auf meiner ToDo-Liste. Ich habe dann im Spätherbst Elmau gebucht und bin mit meinem Hund hingefahren. Und dann konnte ich mit Hund nicht einchecken.
Also bin ich wieder rausgefahren und habe von der Straße aus das Kranzbach gesehen, bin hinaufgefahren und habe gesagt, ich würde gerne ein Wochenende bleiben. Mit Hund ging das aber auch nicht so ohne weiteres. Und dann kam die Geschäftsführerin und sagte: Wenn Sie die Suite buchen, dann können Sie das Wochenende bleiben. Also habe ich die Suite gebucht und so war ich im Haus. Am nächsten Tag kam die Dame auf mich zu und sagte, sie habe gegoogelt und wüßte jetzt, wer ich sei. Denn zu der Zeit suchten sie gerade einen Gesellschafter, einen Retter, und sie ginge davon aus, daß ich ein möglicher Investor sei. Ich habe dann nach den Unterlagen gefragt, aber die konnten sie mir nicht liefern, weil sie den Steuerberater nicht bezahlt hatten.
Da habe ich das abgebrochen, denn ohne Unterlagen kann man nicht in ein solches Unternehmen einsteigen. Aber im Jahr 2002 rief kurz vor Weihnachten die Evangelische Kirche Deutschland an, die damaligen Hauseigentümer, und sagte, daß ich das Haus kaufen könne, wenn ich das in 10 Tagen abwickeln kann. Und so sind wir zu Kranzbach gekommen.
Was waren die Herausforderungen auf dem Weg?
Das Haus war damals nahezu leer. Wir sind dann zum Bürgermeister gegangen und haben uns als die neuen Besitzer vorgestellt. Und gesagt, daß wir vergrößern müssen, um betriebswirtschaftlich arbeiten zu können. Denn das Stammhaus hat ja nur 30 Zimmer.
Der Bürgermeister fand die Idee gleich wunderbar und hat uns empfohlen, als erstes zu den Denkmalschutzbehörden zu gehen. Und dann zum Naturschutz, weil die Buckelwiesen rund um‘s Haus geschützt sind.
Also sind wir nach München gepilgert – zuerst zu den Denkmalschützern, und die haben gesagt: Herr Edinger, Sie dürfen schon dazubauen. Aber zuerst reißen Sie alles weg, was die letzten hundert Jahre an Schwarzbauten dazu gemacht wurde. Und alles, was Sie bauen wollen, bauen’s möglichst weit vom Haus weg, weil das denkmalgeschützte Gebäude wie ein Solitär unbeeinflußt und ungestört dastehen soll. Dann sind wir zu den Naturschützern gegangen, und die haben gesagt: Ja, sie sähen das schon ein, daß wir bauen müssen, aber die Buckelwiesen sind heilig und die Flächen stehen unter Schutz, baut’s alles zum Haus zurück.
Zwei Jahre waren wir blockiert – ein Conflict of Interest bei den Behörden. Es ist uns dann irgendwann gelungen, nach mehreren Umplanungen, den Großteil der neuen Kapazitäten den Hang hinunter zu bauen. Da unten waren früher die landwirtschaftlichen Gebäude und dort konnten wir das Badehaus bauen. Und wie wir dann die Lösung hatten, bekamen wir die Genehmigung. 2007 haben wir eröffnet, fünf Jahre nach dem Kauf. Das ist natürlich schon ein bißchen wirtschaftlicher Streß, man muß die Versicherung zahlen, Gebäude, Hausmeister und Energie…
Wir bauen ja auch in Österreich und können da sehr wohl vergleichen. Die Abstimmung zwischen den Behörden war schwierig. Aber man hat uns in der Gemeinde und auch im Landratsamt höchst konstruktiv unterstützt. Wir sind sehr gut aufgenommen worden und das ist alles professionell abgelaufen.
Was macht für Sie das Besondere von diesem Ort aus? Warum konnten Sie sich so schnell entscheiden?
Ja, das ist sehr viel Gefühlssache. Ich finde diese Bruchlinien zwischen der Ebene und dem Gebirge immer sehr spannend, das ist energetisch höchst wertvoll. Und in dieses Tal bin ich ja wie gesagt nur durch Elmau gekommen. Es ist ein Seitental auf tausend Meter Seehöhe, ein Sacktal ohne Durchreiseverkehr und mit nur diesen zwei Hotels, ohne Einwohner. Ich habe die Einsamkeit als sehr wertvoll empfunden, die Alleinlage. Wir leben in einer Welt, wo es Ischgl gibt und Kitzbühel und St. Moritz, voll von touristischen Attraktionen und Infrastruktur.
Und ich war der Meinung, das brauchen nicht alle Menschen. Viele Menschen sind unter Streß, denen geht’s nicht gut, die brauchen einfach mal ein paar Tage Ruhe und Rückzug, sonst nichts – kein Skigebiet, keine Pisten und keine Beschneiungsanlage, auch keinen Golfplatz…
Keinen Fernseher…
(lacht) Da sind wir gescheitert. Das haben wir versucht, aber das war nicht möglich.
Nein, wir brauchen kein Kongresshaus und wir brauchen kein Shopping, keine Discos, keine Animation… sondern Natur und Ruhe. Stille.
Diese Qualitäten hat das Tal geboten. Und das hat mich überzeugt, diese Investition zu wagen – den Kauf und den Ausbau.
Glauben Sie, daß Orte eine Energie haben?
Ja. Es gibt Kraftplätze, ganz eindeutig. Und ich spüre das persönlich. Wenn’s mir nicht gut geht, gehe ich zwei Stunden in den Wald und es geht mir meistens besser. Ich muß da keine Bäume umarmen, auch nicht laufen oder bergsteigen, sondern zwei Stunden meditativ gehen, und die Gedanken ordnen sich.
Also ist das hier auch so ein Kraftort für Sie?
Ja, ganz eindeutig.
Haben Sie noch mehr Kraftorte irgendwo auf der Welt?
Ja, da gibt es einige davon – fast alle im Gebirge. Ich hab‘ ein Tal in Osttirol, das Villgratental, wo ich Ähnliches empfinde. Das Tannheimer Tal, Sellrain, da gibt’s schon einiges…
Ich bin ja im Gastgewerbe aufgewachsen, meine Eltern hatten einen Betrieb. Ich bin ’44 geboren und habe erlebt, wie die ersten Gäste kamen, wie das jedes Jahr mehr geworden ist. Wenn man den Tourismus zum Hauptberuf hat, dann sucht man halt irgendwo auch die Gegenwelt und die Ruhepole. Und die findet man erstaunlich oft nur eine halbe Stunde neben den Zentren. Man muß da nicht was weiß ich wie weit reisen. Aber wenn man Stille sucht, dann darf man halt nicht die Haupt-Trampelpfade gehen.
Haben Sie ein Gefühl oder eine Prognose dafür, wie die Tourismuslandschaft sich entwickeln wird, angesichts der globalen Herausforderungen?
Ich spüre eine ganz große Beunruhigung in mir in Bezug auf die Klimaerwärmung. Ich habe zwei Enkeltöchter, die ich natürlich liebe wie jeder Großvater. Ich will das nicht dramatisieren, aber ich fühle, daß die Gesellschaft ziemlich verantwortungslos vorgeht und das Schicksal dieser Enkeltöchter gefährdet, weil ich nicht erkennen kann, daß wir rechtzeitig und ausführlich genug reagieren oder agieren.
Ich habe keine Antwort auf die großen Existenzfragen in Bezug auf die Klimaerwärmung, außer Sorgen. Die habe ich wie jeder andere auch, oder fast alle anderen. Denn der Herr Trump sorgt sich scheinbar nicht.
Abgesehen davon bin ich der Meinung, die Menschen brauchen Erholung und Rückzug wohl mehr denn je. Vielleicht werden sie nicht mehr so viel fliegen, nicht mehr wie die Irren Auto fahren, und nicht mehr nur dem sogenannten Massentourismus folgen, und auch nicht mehr sechs oder acht Mal im Jahr für 80 Euro nach Mallorca fliegen. Ich glaube und ich hoffe, daß die Menschheit vernünftiger wird in ihrer Reisetätigkeit, und daß der Inlandstourismus zunimmt. Ich kann beobachten, daß das Thema Kurzferien wichtiger wird. Die Leute fahren nicht mehr unbedingt 30 Tage am Stück in Urlaub, sondern mehrmals 3 Tage.
Kurz, nah, öfter – das ist ein Trend. Und ich hoffe, daß das ökologische Bewußtsein zunimmt. Ich glaube, daß die guten und wertigen Produkte eine ordentliche Zukunft haben, sonst würde ich auch nicht investieren in die Branche.
Was macht für Sie Qualität aus?
Erwartungshaltungen erfüllen und vielleicht sogar übertreffen. Qualität hat in meinen Augen nichts mit Luxus und Protz zu tun, Qualität kann sehr einfach sein.
Wenn wir hier diesen Raum anschauen: Da ist kein Perserteppich, da sind keine Antiquitäten, da ist nichts aus Gold, Messing, Spiegel, sondern natürliche Materialien, eine gewisse Einfachheit. Ein russischer Oligarch würde sich einen Raum niemals so einrichten.
Ja… Was bedeutet denn für Sie Luxus?
Wir bekennen uns ganz bewußt zu größtmöglicher Einfachheit.
Das ist eine philosophische Grundhaltung und wir folgen diesen Marmor-, Messing-Luxuspalästen, die es in der Fünfsternehotellerie gibt, einfach nicht.
Wir leben selbst auch nicht in einer Luxuswelt und ich will die auch niemals meinen Kindern, meinen Enkelkindern zeigen. Und daher will ich das auch nicht in meinem Produkt, das ich verantworte und gestalte.
Mir genügt Natur außen, Natur innen… das soll ineinanderspielen, so gut es geht. Und die Haptik muß in Ordnung sein, es muß sich gut angreifen.
Auch im Spa vermeiden wir internationale Linien wie L’Oreal, Shiseido und wie die alle heißen. Bei uns gibt’s Naturkosmetik und… ja, alles down-to-earth eben.
Mit der Luxus-Welt möchte ich mich gar nicht befassen, das überlasse ich gerne anderen. Mir genügt die einfache Welt voll und ganz.
Welche Erfahrungen in Ihrem Leben haben Sie zu dem gemacht haben, der Sie sind?
Viel Glück…
Es gab da keine Schockerlebnisse. Eine Tür öffnet sich und führt zur nächsten Tür. Ich bin im Hotel- und Gastgewerbe, in einem Landgasthof mit Landwirtschaft, aufgewachsen und alle mußten ordentlich arbeiten.
Danach habe ich eine Kochlehre begonnen, habe irgendwann Abitur nachgemacht und dann habe ich in Wien Tourismus studiert. Und so konnte ich den Beruf als Unternehmensberater, spezialisiert auf Tourismus, ergreifen und intellektueller Sparringspartner von vielen, vielen Unternehmerfamilien werden – in guten und in bösen Tagen.
Nachdem ich aber im Gastgewerbe aufgewachsen bin, war bei mir immer wieder der Wunsch, nicht nur Consultant zu sein, sondern ein Unternehmen zu gestalten und zu entwickeln. Und das hat sich dann auch so ergeben. Sie haben ja vorher gehört, wie zufällig einem Kranzbach zufällt. Das kann man ja nicht planen.
Wenn irgendwer zu mir gesagt hätte: Herr Edinger, jetzt gehen Sie mal auf die Suche. Wo finden Sie ein total ruhiges, unerschlossenes Seitental, wo nichts ist, wo Sie 13 Hektar Grund kaufen können, auf dem ein kleines, 100 Jahre altes Arts-and-Crafts-Schlößchen drauf steht? Dann hätte ich mir gesagt: Auf diese Suche begebe ich mich erst gar nicht, das betrachte ich als ziemlich chancenlos. Und das hat sich dann zufällig ergeben.
Hätten Sie sich als zwanzigjähriger Mann erträumen lassen, daß Sie mal hier sein werden?
Nein.
Als Zwanzigjähriger war ich froh, mit meinem Studium über die Runden zu kommen. In den Ferien habe ich wie alle meine Kollegen gejobbt und für Cash gesorgt. Da war die Welt spannend und Abenteuer waren möglich. Für mich mit 20 Jahren wäre alles denkbar gewesen. Ich hätte mir auch vorstellen können, etwas ganz anderes zu machen. Reiseschriftsteller hat mich immer interessiert.
Schreiben Sie?
Viel zu wenig, und meistens Gutachten zu Sachthemen. Bislang fehlt mir die nötige Ruhe dazu. Natürlich interessiert mich, wie sich die Branche entwickelt, wie es im Tourismus weitergeht, und welche Lösungen gefunden werden müssen.
Was lesen Sie gerne und wie halten Sie sich auf dem Laufenden?
Ich bin da noch sehr analog unterwegs. Ich habe ein gutes Dutzend internationaler Fachzeitschriften abonniert, um die Branche zu beobachten und am Ball zu sein. Ich lese sehr viele Bücher – das ist auch eine Rückzugsmöglichkeit für mich. Die letzten Tage habe ich ein Bändchen gelesen, von Georg Schulze über Goethe und seine Reisen. Der hat damals schon ein paar Dinge erkannt, die auch heute noch gültig sind.
Und natürlich bin ich auch immer wieder mal gerne in einer Stadt – z.B. Wien… und dann tut mir auch mal ein Konzert oder Theater gut. Da muß ich immer ein bißchen mein Kulturdefizit wieder auffüllen (lacht).
Ich habe ja das Glück, in Innsbruck zu leben, da ist es mit dem Zug nur drei Stunden nach Verona. Verona ist die erste wirklich italienische Stadt auf dem Weg in den Süden und eigentlich meine Lieblingsstadt. Da habe ich ein Lieblingshotel und die alten Mauern tun mir gut, die alten Plätze. Dann gut essen… es sind zwar viele Touristen da, aber mich stört das nicht. Nach Venedig fahr’ ich dafür nicht (lacht).
Waren Sie schon mal in Vejer de la Frontera in Andalusien? Die weißen Dörfer würden Ihnen auch gefallen, wenn Sie alte Gemäuer mögen.
Ich war schon mehrmals in Spanien unterwegs, aber ich schaff’ einfach nicht alles. Ein Leben reicht nicht aus für die vielen schönen Plätze, die es auf der Welt gibt. Ich war eine Woche in Georgien, im Kaukasus… ein völlig unbekanntes Reiseland, wunderschön. Ich war in Armenien… in Odessa… das sind so Plätze, an die denkt man normalerweise nicht. Oder Trapezunt/Trabzon am Schwarzen Meer.
Das muß wirklich sehr unbekannt sein, habe ich noch nie gehört.
Wen würden Sie denn gerne einmal treffen – Zeitgenosse oder historische Persönlichkeit?
Ich finde den Reinhold Messner höchst spannend. Weil der sein Leben den Bergen und den Abenteuern gewidmet hat und viele Dinge getan hat, die ich auch gerne getan hätte.
In der Hotellerie kenne ich viele interessante Leute, die auch interessante Hotels geschaffen haben.
Es gibt einen Schriftsteller, Norbert Gstrein, ein Tiroler, der selbst in einem Hotel aufgewachsen ist. Übrigens sind eine Menge Schriftsteller in einem Gasthof aufgewachsen und das finde ich immer spannend.
Ein bayerischer Schriftsteller, Josef Bierbichler, ist am Starnberger See aufgewachsen und hat berührende Romane geschrieben.
Obama hat mich immer interessiert.
War der nicht schon mal hier in der Nähe? (Augenzwinkern)
Ja, doch, in Elmau. Das war auch so eine Erfahrung – mein Gott, der G7-Gipfel…
Das sind doch hier teilweise auch Leute untergekommen, oder?
Ja. An einem Herbsttag kam der Kollege Müller-Elmau und sagte, er habe da einen Botschafter aus Berlin mit und sie müßten mich sprechen. Alles Top Secret und niemand darf darüber reden, aber Frau Merkel plant den nächsten G7-Gipfel in Elmau und man werde Elmau und Kranzbach beides zusammen brauchen.
Ob wir da mitmachen würden, aber das war eigentlich keine Frage. Ich hab’ dann überlegt, und mein Sohn hat gesagt: Nein, da tun wir nicht mit. Aber ich brauche ja dann doch immer wieder die Behörden, Gemeinde und Landratsamt, Regierungsstellen.
Es hätte ja auch kein Gast hereinfahren können zu der Zeit. Also haben wir gesagt: Wir spielen mit, aber wir erwarten uns eine faire Behandlung, und die ist dann auch erfolgt. Aber wie sich das rumgesprochen hat, haben uns doch einige Gäste Mails geschickt, daß sie da völlig dagegen sind und von uns erwarten, daß wir uns dagegen stellen.
Ich habe gesagt: Wir verhalten uns kooperativ, aber wir halten den Ball flach. Wir machen keine PR-Aktion daraus.
Wir haben dann unseren 25.000 Stammgästen zweimal einen persönlichen Brief geschrieben: Wir sind für drei Wochen gesperrt. Davor und danach kann man uns buchen. Wir versprechen, für den Gipfel nichts zu ändern oder dazuzubauen. Wir versprechen, nicht teurer zu werden.
Dann haben wir eine kleine Delle vorher gehabt und eine Delle nachher, und das war’s dann.
Es ist einfach so, daß wir unsere Stammgäste, unsere Hausgäste gut pflegen wollen. Wir haben ja ein spezielles Unternehmenskonzept hier: Wir sind “Adults Only”, also keine Familien, keine Kinder unter 12. Das ist im Marketing hart, weil wir die größte Kundengruppe ausschließen. Wir haben aber auch kaum Zwölf- oder Fünfzehnjährige da, denen ist das zu fad. Wir nehmen keine Busgruppen und keine Vereine. Wir nehmen kein À-la-Carte-Geschäft von außen, auch nicht im Spa, also nur Hausgäste.
Wir sind nicht über Neckermann buchbar, und seit gestern sind wir darüber besonders froh (lacht). Sonst würde ich heute nicht so ruhig dasitzen.
Und wir sind nicht über die großen Online-Plattformen buchbar, denn wir wollen einen intensiven Kontakt mit unseren Gästen haben. Deshalb klinken wir uns von den üblichen großen Systemen aus.
Wie bleiben Sie mit Ihren Gästen in Kontakt, auch über den Aufenthalt hinaus?
Wir haben eine Database von 25.000 Adressen, die wir pflegen. Die Adressen sind unser Schatz. Ungefähr zwei- bis dreimal im Jahr gibt’s ein Mailing per Post, eine Broschüre über die Neuigkeiten und besondere Empfehlungen. Sechs, sieben Mal gibt es elektronische Newsletter und zu Weihnachten eine Grußkarte, dann im Jänner nochmal eine. Zweimal im Jahr schreiben wir dann auch noch Briefe. Das kostet ordentlich Geld, aber das müssen wir tun, weil wir ja davon leben, Wiederholungsgäste zu haben. Wir wollen 75 Prozent Wiederholungsgäste und sind auf dem Weg, das zusammenzubringen.
Was macht einen guten Leader aus für Sie?
Das Vorbild. Er kann nicht Wasser predigen und Wein trinken. Er muß auch persönlich glaubwürdig sein, muß heute mehr denn je ein Menschenkenner sein, einer, der Menschen mag. Die entscheidende Ressource für ein Unternehmen sind ganz sicher die Menschen. Und der Leader, der Menschen begeistern kann, motivieren kann und mit sich reißt… das ist die Schlüsselstelle.
Da kann man sich viel aneignen, aber eine gewisse Basis, ein gewisses Talent muß vorhanden sein. Aus meiner heutigen Erfahrung ist es entscheidend, die richtigen Menschen zu finden und sie zu halten. Das ist auch unser größtes Problem.
Wir haben 175 Mitarbeiter im Haus, und das in einer einsamen Gegend. Krün ist ein kleiner Ort. Es gibt nicht allzu viele unter den Einheimischen, die im Tourismus arbeiten wollen.
Was treibt Sie an, was ist Ihr Warum?
Ich spüre einen sportlichen Ehrgeiz, Dinge zu bewegen und Dinge auszuprobieren. Es ist ganz sicher nicht Geld – ich entnehme diesem Unternehmen ja kein Geld, das wird immer wieder reinvestiert. Aber es ist in mir eine spannende Herausforderung, an einem Standort wie Kranzbach einen funktionierenden Betrieb zustande zu bringen. Ich habe hier keine Wintersaison, keine Sommersaison, keine Kultursaison, und muß trotzdem ein Produkt schaffen, was zwölf Monate im Jahr funktioniert. Das ist eine intellektuelle Herausforderung.
Was gibt Ihnen Kraft?
Ich versuche, halbwegs vernünftig zu leben und immer wieder mal in die Berge zu gehen, fischen zu gehen.
Meine Familie braucht ihren Platz und kommt meistens zu kurz. Das wird einem dann auch vorgeworfen.
Was ist Ihr Verhältnis zu Angst und Mut?
Mut braucht’s schon, aber Mut kann auch sehr schnell in Übermut ausarten und zu gefährlichen Situationen führen. Also möchte ich Mut wohldosiert einsetzen.
Angst und Angstphasen kenne ich auch, wenn mal etwas nicht so läuft. Man denkt dann über die Konsequenzen nach und daß man erledigt ist, wenn‘s schief geht. Diese Angstphasen kennen wahrscheinlich viele Unternehmer.
Ich habe viel gearbeitet in meinem Leben, unter anderem auch, weil ich nie in eine Abhängigkeit geraten wollte von Banken oder von anderen, aber auch um das Thema Angst nicht allzu hoch kommen zu lassen. Es ist wesentlich angenehmer, hart zu arbeiten, als vor Angst fast gelähmt zu sein und nicht mehr zu wissen, wie es weitergeht.
Wenn Sie eine Litfaßsäule am Marienplatz frei hätten, was würden Sie da draufschreiben?
Ich würd‘ sagen: Mein Gott, seid‘s zufrieden. Wir leben in einem Paradies. Uns geht es unglaublich gut.
Herr Dr. Edinger, vielen Dank für Ihre Zeit und die interessanten Einblicke!
Das Hotel Kranzbach ist hier zu finden:
Web: daskranzbach.de
Facebook: daskranzbach
Instagram: daskranzbach
Youtube: daskranzbach
Twitter: Das_Kranzbach
Pinterest: kranzbach