Was eine Laufrunde mich über Wahrnehmung lehrte

Beim Laufen komme ich in Kontakt mit mir selbst und der realen Welt um mich herum. Hier können sich die Gedanken zerstreuen und neu sammeln. Oft kommen mir die besten Ideen, wenn ich durch die Wälder und über die Felder unterwegs bin. Das Messen meiner Runden habe ich schon lange aufgegeben, denn ich muß nicht wissen, mit welchem Pace ich laufe und wie weit genau. Mir reicht es, in mich hineinzuhorchen, mich selbst zu spüren und wahrzunehmen, was sich um mich herum tut. Mein kleines Digitales Detox eben.

Und doch habe ich das Smartphone dabei. Denn man weiß ja nie.

Meistens bleibt es in der Tasche, manchmal wird es für 1-2 Aufnahmen gezückt. Und dann gibt es solche Tage, an denen es kaum den Weg zurück in die Tasche hinein findet. So wie bei der letzten Runde:

Ein Abendhimmel wie gemalt. Schwach angedeutet zuerst, dann immer stärker werdend, und schließlich so überwältigend, daß es mir fast den Atem verschlug. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich blieb fast alle 20 Meter stehen. Zückte das Handy. Suchte nach dem perfekten Blickwinkel, dem perfekten Spot und der perfekten Einstellung, um dieses grandiose Schauspiel festzuhalten. Ärgerte mich, daß die Fotos dem Erlebten nicht ansatzweise gerecht wurden, kam aus dem Rhythmus und fing zu japsen an… statt einfach nur zu genießen, was sich da über mir entfaltete.

Kommt dir das bekannt vor?

Meine Geschichte ging so weiter, daß ich mich irgendwann ins Gras setzte, das Handy wegsteckte und einfach nur wahrnahm. Den kleinen Schwarm Krähen, der lautlos durch die Lüfte zog… die Tautropfen, die sich schon am Boden gebildet hatten… die Rehe, die in einiger Entfernung am Waldrand standen, wo sich schon die Nebelschwaden ausbreiteten… und über alledem dieses absolut irre, magische Himmelsfeuer…

So wurde ich wieder eins mit der Szene. Kein außenstehender Beobachter mehr, sondern Teilnehmer. Ohne Erwartungen, aber erfüllt von Dankbarkeit.

Ich beschloß in diesem Moment, das Handy künftig daheim zu lassen, wenn ich laufen gehe. Denn solche Momente sind zu wertvoll, um sie nur durch den Filter der Instagramisierbarkeit wahrzunehmen.

Laßt uns doch künftig öfter mal kein Foto machen. Sondern einfach nur den Moment wahrnehmen, wie er ist.

Er wird dadurch umso intensiver. ;-)

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