Eine reiterliche Sinnsuche

Vor gut einem Jahrzehnt sah ich mich am Ziel meiner Träume: Ich bekam eine Stelle auf einem renommierten Gestüt angeboten. Jungpferde ausbilden, allgemeines Stallmanagement, Büro und Ansprechpartner für alle Anfragen rund um den Standort. Nach jahrelangen Praktika und Nebenjobs auf verschiedenen Höfen und einer Pferdewirtschaftsausbildung also endlich der vermeintliche Traumjob. Und sogar die Bezahlung stimmte.

Das Leben ist ein Ponyhof…

Der innere Konflikt

Erst nach und nach wurde ich mir darüber klar, was für ein enormer Erfolgsdruck in dieser Sparte der Szene herrschte, die so neu für mich war. Und wie wird dieser Erfolg gemessen? Genau, in Noten. In Plazierungen. In Verkaufssummen. In Zahlen.

Ich wurde immer unsicherer. Ertappte mich in Situationen, in denen ich unfair zum Pferd war. Und fiel in eine tiefe Sinnkrise: Was war aus meinem Traum geworden? Was wollte ich von der Reiterei? War das hier vielleicht doch nicht das Richtige, oder war ich nur nicht gut genug?

Es kam, wie es kommen mußte: Ich verlor den Job.

Damals hatte ich Angebote von verschiedenen Höfen, aber ich distanzierte mich erstmal von der Reiterei. Und ging auf die Suche nach dem, was Horsemanship für mich selbst eigentlich ausmacht.

Wie ich es heute sehe

Inzwischen weiß ich, daß ein Training für die Turnierbahn in der Regel nicht meiner Vorstellung davon entspricht, wie ich ein Zusammensein mit Pferden gestalten möchte. Denn mein Verständnis von “Erfolg mit Pferden” geht weit darüber hinaus:

Zeit miteinander verbringen, die für beide Beteiligten gewinnbringend ist. Kommunikation verfeinern. Vertrauen aufbauen. Hinfühlen. Sich fragen: Was spiegelt mir das Pferd in diesem Moment von meinen eigenen Themen? Letztlich auch daran arbeiten, ein feinerer Mensch zu werden – nicht nur für das Pferd.

Natürlich reite ich auch gerne mal einen Weltmeister oder einen 9,5-Tölter. Ich habe solchen Pferden einige meiner besten Reiterlebnisse zu verdanken. Aber das ist eben nicht alles. Genauso bestimmend sind für mich Fragen wie: War das Erlebnis auch für das Pferd schön? Hat es seine Leistung gern erbracht? Haben wir eine gute gemeinsame Basis gefunden, und habe ich in diesem Sinne mein Bestes gegeben?

Ich bin weit davon entfernt, ein vollkommener Pferdemensch zu sein. Und das ist ok. Denn diesem Ideal näher zu kommen ist eine wundervolle Aufgabe, an der man ein Leben lang wachsen kann.

Warum verbringst du Zeit mit Pferden?

(Das Bild hat damals die liebe Claudi Gras von mir gemacht. Danke!)

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